Neben einer Reihe von Gebührenerhöhungen wie zum Beispiel für Reisepässe oder für die E-Card, werden die Tabak- und die Glücksspielsteuer angehoben (plus 250 Millionen Euro bis 2026). Die neue Bankenabgabe soll jährlich 350 Millionen in die Staatskassen spülen, die Solidarabgabe für die Energiewirtschaft weitere 200 Millionen Euro. Auf die Kritik aus diesen beiden Branchen, das Budget werde durch Banken und Energiekonzerne saniert, konterte Marterbauer vor der Budgetrede: „Wir bedanken uns für fünf Prozent der Sanierung.“
1,1 Milliarden Euro müssen die Ministerien in ihren eigenen Ressorts in der Verwaltung einsparen. Den – zumindest zahlenmäßig – größten Einschnitt wird es dabei im Wirtschafts- und Infrastrukturministerium geben mit 150 beziehungsweise 178,8 Millionen Euro allein heuer. Aber auch das Bundesheer muss 70 Millionen Euro in der Verwaltung sparen. An den Großinvestitionen des Heeres ändert sich aber nichts. Als sich Marterbauer in seiner Rede zu den Ausgaben für Landesverteidigung bekennt, strahlt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) wie ein frisch verliebter Gardeoffizier. Das Infrastrukturministerium unter Ressortchef Peter Hanke (SPÖ) trägt heuer rund 640 Millionen Euro und kommendes Jahr rund 830 Millionen Euro zur Budgetkonsolidierung bei. Erreicht wird dies durch die Verschiebung zahlreicher ÖBB-Infrastrukturprojekte sowie erhöhter Dividendenzahlungen der Asfinag.
Eingestellte Förderungen
Die tiefsten Einschnitte gibt es bei den Förderungen und im Speziellen den Klimaförderungen, die in der vergangenen Legislaturperiode massiv ausgeweitet wurden. Er bekenne sich zum Klimaschutz, so Marterbauer in seiner Budgetrede. Allerdings sollte man die Strategie umstellen. Statt wie bisher Klimapolitik durch Förderungen zu machen, müsse der Staat mehr regulieren. 1,3 Milliarden heuer und 1,28 Milliarden Euro im kommenden Jahr werden hier gestrichen. Die vor allem für Industriebetriebe wichtige Investitionsprämie wird um 130 Millionen gekürzt. Bei den Umweltförderungen wie dem Klimabonus, der Sanierungsoffensive oder den Förderungen für E-Autos werden heuer insgesamt 557 Millionen Euro gestrichen, nächstes Jahr 819,9 Millionen.
Auch das Klimaticket, das Prestigeprojekt von Ex-Umweltministerin Leonore Gewessler, wird teurer. Allein heuer sollen in diesem Zusammenhang 120 Millionen Euro im Budget konsolidiert werden. Als Marterbauer das Klimakapitel referiert, regt sich Unruhe in den vorderen grünen Reihen. Ex-Vizekanzler Werner Kogler ist ob der Kürzungen glaubwürdig empört, Ex-Ministerin Gewessler gibt sich zumindest so.
Der Pendlereuro wird hingegen verdreifacht. Die Erhöhung ist als Kompensation für die Abschaffung des Klimabonus gedacht. Eine eigens eingerichtete Förder-Taskforce soll sich nun überlegen, wie man 150 weitere Millionen an Förderungen einsparen kann – und ob auch bei klimaschädlichen Subventionen (Stichwort "Dieselprivileg") gespart wird.
All das wird den dringend benötigten wirtschaftlichen Aufschwung nicht unbedingt erleichtern. Im ersten Quartal ging es laut Schnellschätzung des Wifo mit 0,2 Prozent ganz leicht bergauf mit dem Wirtschaftswachstum. Im Konsolidierungspfad rechnet das Finanzministerium für heuer mit einem Einbruch der Konjunktur von 0,3 Prozent. Aber Prognosen sind in wirtschaftlich so unsicheren Zeiten wie heute ohnehin sehr schwer zu machen und am Ende dieser zweijährigen Konsolidierungsphase könnte auch alles wieder ganz anders aussehen.
Gespart wird nicht nur auf Bundesebene. Das Defizit der Länder, Gemeinden und Gebietskrankenkassen schoss im Vorjahr ebenfalls massiv in die Höhe und bringt unzählige Gemeinden jetzt unter einen massiven Spardruck Von den 4,5 Prozent Budgetdefizit heuer verbucht der Bund 3,5, auf die Länder und Gemeinden entfällt ein Prozent. Wo und wie genau dort jetzt gespart wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. Und in zahlreichen Gemeinden wurde schon ein Sparkurs für heuer beschlossen – gespart wird vom Schwimmbad bis zum Kreisverkehr oder der Weihnachtsfeier von Gemeindebediensteten.
Das aktuelle Sparpaket dürfte aber auch einen positiven Effekt auf die Länder- und Gemeindefinanzen haben. Die profitieren im Umfang von 350 Millionen von den Sparplänen der Regierung, weil etwa Gebühren oder Steuern erhöht werden.
Wiederaufbau-Vibes
Marterbauer fordert in seiner Rede Fleiß von seinen Regierungskollegen und den Österreichern ein, aber kein Blut und auch keine Tränen. Zu viele Untergangs-Vibes wirken negativ auf die notwendige Zuversicht in der Bevölkerung. Schließlich muss der private Konsum zum Wachstum beitragen.
Da wir ein Gedenkjahr begehen, darf ein Verweis von Marterbauer auf die Wiederaufbauleistung nach 1945 in der Rede nicht fehlen, à la: Seht her, was wir schaffen können. Dementsprechend steht Marterbauers Rede auch unter dem Generalmotto: „Österreich kann, wenn es will.“
Marterbauer spricht flott und flüssig. Nur einmal leistet er sich einen kleinen – unmittelbar selbst korrigierten – Versprecher, als er das Doppelbudget als „verlässlichen Plan für die Verlängerung des Budgetdefizits“ bezeichnet.
Insgesamt bekommen die Regierungsmitglieder und Abgeordneten ein Seminar aus Volkswirtschaftslehre geboten, was vor allem dem ehemaligen Ökonomie-Professor Alexander Van der Bellen gefallen haben dürfte. Der Bundespräsident ist bei Budgetreden traditionell Gast im Hohen Haus und wird wohl wissen, was „ein Negativsteuerzuschlag“ ist, und was Marterbauer mit seiner „rein tautologischen Feststellung in Bezug auf die Summe gesamtwirtschaftlicher Finanzierungssalden“ meinte.
Am Ende seiner Rede geht der Finanzminister nochmals ins Grundsätzliche. Zur langfristigen Sanierung des Budgets müssten, so Marterbauer, „neue Finanzierungsformen gefunden“ werden. Legt er der ÖVP da ein kleines Fiskal-Ei? Marterbauer gilt als Befürworter von Vermögen- und Erbschaftsteuern. Im Regierungsprogramm sind diese aber nicht vorgesehen.
Marterbauers Budgetrede ist zunächst einmal eine riesige Ankündigung. Die Sparmaßnahmen müssen nun umgesetzt, teilweise auch erst verhandelt werden. Mit Gnade dürfen die Minister und Ministerinnen nicht rechnen. Er garantiere gemeinsam mit seiner ÖVP-Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl „einen strikten Budgetvollzug“.
Eine kleine Stilblüte aus dem vorab verteilten Manuskript kam in Marterbauers Rede nicht vor – oder ging im Zwischenapplaus unter: „Transparent wird die neue Lieblingsfarbe der Budgetpolitik.“